In der Methode werden die Richtlinien beschrieben, die in einem mikrobiologischen Brauereilabor von Bedeutung sind.
Mikrobiologische Labore in der Brau- und Getränkeindustrie sowie deren Zulieferbetrieben.
Räumlichkeiten
Die Räumlichkeiten, in denen mit biologischen Arbeitsstoffen gearbeitet wird, sollten sorgfältig geplant werden, um
eine Gefährdung der darin beschäftigten Personen zu vermeiden
eine Gefährdung der Umwelt zu vermeiden
sauber, effizient und zielgerichtet arbeiten zu können
In den folgenden Abschnitten sind die wichtigsten Normen und Richtlinien, die für den Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen relevant sind, kurz genannt und es werden Hinweise zur räumlichen Gestaltung von mikrobiologischen Arbeitsräumen gegeben.
Biostoffverordnung (BioStoffV)
Die Biostoffverordnung [1] bildet die Rechtsgrundlage für die Arbeit mit biologischen Arbeitsstoffen, insbesondere mit Mikroorganismen. Sie dient dem Schutz der Beschäftigten gegen eine Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe (auch als „Biostoffe“ bezeichnet) sowie dem Schutz anderer Personen, soweit diese aufgrund des Verwendens von Biostoffen durch Beschäftigte oder durch Unternehmer ohne Beschäftigte gefährdet werden könnten.
Wichtige Inhalte der BioStoffV sind:
der Begriff Biostoff wird näher erläutert (§ 2)
die Begriffe „gezielte“ und „nicht gezielte“ Tätigkeiten im Zusammenhang mit Biostoffen werden näher erläutert (§ 2). Diese Unterscheidung ist für die Wahl der passenden Schutzstufe von Bedeutung.
es erfolgt eine Einteilung der Biostoffe anhand des von Ihnen ausgehenden Infektionsrisikos in Risikogruppen (§ 3)
die BioStoffV schreibt vor, dass vor Beginn der Tätigkeiten eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz zu erfolgen hat (§ 4)
Tätigkeiten mit und ohne Schutzstufenzuordnung sowie die Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers werden erläutert (§ 6 und § 7)
Grundpflichten des Arbeitgebers hinsichtlich des Arbeitsschutzes und allgemeiner Hygienemaßnahmen
Weitere Inhalte und Pflichten können direkt der BioStoffV [1] entnommen werden.
Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA)
Während die Biostoffverordnung den rechtlichen Rahmen vorgibt, konkretisieren die TRBAs den aktuellen Stand der jeweiligen Anforderungen in den einzelnen Bereichen.
Die wichtigsten TRBAs für Brauerei-Labors sind:
TRBA 100: Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien
TRBA 400: Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen
Eine vollständige Liste der TRBAs ist bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin [2] ersichtlich.
Einstufung von Mikroorganismen in Risikogruppen
Durch § 3 der Biostoffverordnung (BioStoffV) werden für biologische Arbeitsstoffe vier Risikogruppen definiert [3]:
Risikogruppe 1: Biostoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit hervorrufen
Risikogruppe 2: Biostoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen könnten; eine Verbreitung in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich
Risikogruppe 3: Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich
Risikogruppe 4: Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich
Beispiele für Vertreter aus den jeweiligen Gruppen finden sich in angegebenen Literatur [3].
In mikrobiologischen Labors der Brau- und Getränkeindustrie wird im Regelfall mit Organismen der Risikoklasse 1 gearbeitet. Ausnahmen sind z. B. im Bereich der mikrobiologischen Trinkwasseranalytik anzusiedeln (siehe Einstufung von Labors in Schutzstufen und Sicherheitsstufen).
Einstufung von Labors in Schutzstufen und Sicherheitsstufen [4, 5, 6]
Gemäß BioStoffV werden den vier Risikogruppen vier Schutzstufen zugeordnet. Bei gezielten Tätigkeiten sind Schutzstufe und Risikogruppe identisch.
Gezielte Tätigkeiten nach § 2 BioStoffV liegen vor, wenn:
1. die Tätigkeiten auf einen oder mehrere Biostoffe unmittelbar ausgerichtet sind
2. der Biostoff oder die Biostoffe mindestens der Spezies nach bekannt sind und
3. die Exposition der Beschäftigten im Normalbetrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar ist
Trifft eine dieser Bedingungen nicht zu, handelt es sich um nicht gezielte Tätigkeiten. Bei einer nicht gezielten Tätigkeit ist die weitere Vorgehensweise durch § 5 BioStoffV geregelt. In Anhang II BioStoffV sind die Schutzmaßnahmen für die Schutzstufen 2, 3 und 4 aufgeführt.
Mit den Schutzstufen nicht zu verwechseln sind die biologischen Sicherheitsstufen. Die biologischen Sicherheitsstufen dienen der Gefährlichkeitseinstufung für gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen. Die Sicherheitsstufen sind ebenfalls in einem 4-Stufen Modell angeordnet, wobei die Sicherheitsstufe 1 häufig als „S1“-bezeichnet wird.
Die Bezeichnung „S1-Labor“ und „Labor der Schutzstufe 1“ werden im Alltag dennoch häufig synonym verwendet. Da in Brauerei-Laboren nicht mit GVOs gearbeitet wird, wäre dennoch der Begriff „Labor der Schutzstufe 1“ korrekter.
Näheres zur Einstufung von Brauerei-Laboren ist der TRBA 100, Kapitel 4.4.3. Ziffer 1 zu entnehmen. Hier heißt es: Laboratorien, in denen Sterilitätsprüfungen, Bestimmungen der Koloniezahl und sonstige Arbeiten zur mikrobiologischen Qualitätssicherung durchgeführt werden, die nicht dem spezifischen Nachweis von biologischen Arbeitsstoffen ab der Risikogruppe 2 dienen, können unter Bedingungen der Schutzstufe 1 durchgeführt werden. Hierzu gehören beispielsweise Proben aus der Produktion von Lebensmitteln, Medizinprodukten, Arzneimitteln oder Kosmetika.
Kommt es im Verlauf der Tätigkeiten jedoch zur selektiven Vermehrung oder Anreicherung von biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 oder 3, so sind diese unter Bedingungen der Schutzstufe 2 nach BioStoffV durchzuführen.
Biologische Schutzstufen (biosafety level oder BSL-Labor) dienen der Gefährlichkeitseinstufung biologischer Arbeitsstoffe (Biostoffe). Normiert wird diese Einstufung durch die EU-Richtlinie 200/54/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit. Die Umsetzung in Deutschland erfolgt durch die Biostoffverordnung (BioStoffV). Sie stuft Laboratorien entsprechend der Risikogruppen in vier Schutzstufen ein. Diese bauen aufeinander auf, d.h. dass die Regeln der niedrigen Schutzstufen auch für die höheren Schutzstufen gelten. Grundsätzlich ist hierbei zwischen gezielter Tätigkeit und nicht gezielter Tätigkeit zu unterscheiden. Handelt es sich um eine gezielte Tätigkeit, dann entspricht die Schutzstufe der Risikogruppe. Für nicht gezielte Tätigkeiten ist die weitere Vorgehensweise ebenfalls durch die BioStoffV (§ 5) geregelt.
Schutzstufe 1: es sind die allgemeinen Hygienemaßnahmen einzuhalten, dies gilt hinsichtlich baulicher, technischer und organisatorischer Vorgaben; bei Tätigkeiten mit Schutzstufenzuordnung gelten weiterhin spezielle Hygienemaßnahmen gemäß den technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA); für Arbeiten im Labor sind außerdem die Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen im Labor (TRBA 100) zu beachten
Schutzstufe 2: der Schutzstufenbereich ist räumlich festzulegen, dazu zählt zwingend die Schutzstufenbezeichnung und das Symbol für Biogefährdung; nur namentlich benannte Beschäftigte sind im Laborbereich zugelassen; Tätigkeiten mit Aerosolbildung nur im Bereich einer Sicherheitswerkbank (Cleanbench) oder in technischen Einrichtungen mit gleichwertigem Schutzniveau; vor Entsorgung zwingend Inaktivierung via erprobter physikalischer oder chemischer Methoden (i. d. R. Autoklav); geeignete Einrichtung zum Einsehen des Laboratoriums von außen; TRBA 100: neben Kittel auch Schutzhandschuhe, ggf. Gesichtsschutz; Einrichtung zum Spülen der Augen zwingend; Fenster und Türen müssen geschlossen sein; Desinfektion nach Beendigung der Arbeit gemäß Hygieneplan
Schutzstufe 3: Zutritt nur benannten Beschäftigten; nur mir Zugangskontrolle
Schutzstufe 4: Labor baulich abgetrennt; für mögliche Begasung abdichtbar: Filter für Zu- und Abluft; Zugang via Drei-Kammer-Schleuse
Wird mit gentechnisch veränderten Organismen gearbeitet, dann gilt nach Gentechnikgesetz die Gentechnik-Sicherheitsverordnung. Hier werden erweiternd biologische Sicherheitsstufen (Gefährlichkeitseinstufung für gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen) definiert. (S1-S4).
Allgemeine Definition: Durch gentechnische Arbeiten werden gentechnisch veränderte Organismen (GVO) hergestellt. Formal nicht relevant für Brauereilaboratorien.
Allgemeine Hinweise zur räumlichen Einrichtung eines Brauereilabors [2, 3]
Für die prinzipielle Gestaltung von mikrobiologischen Labors gelten einige allgemeine Prinzipien. Diese allgemeinen Hinweise werden in der TRBA 100 in den Kapiteln 5.2-5.5 für die Schutzstufen 1-4 konkretisiert.
Exemplarisch sollen an dieser Stelle nur die Regeln der TRBA 100 für Schutzstufe 1 erwähnt werden:
Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1 und nicht gezielten Tätigkeiten, die für die Beschäftigten keine oder eine sehr geringe Gefährdung darstellen, ist das Auftreten einer Infektionskrankheit unwahrscheinlich. Deshalb reicht es aus, den bestimmungsgemäßen Laborbetrieb sicherzustellen:
(1) Laboratorien der Schutzstufe 1 sollen aus abgegrenzten, ausreichend großen Räumen bestehen. In Abhängigkeit von der Tätigkeit ist eine ausreichende Arbeitsfläche für jeden Mitarbeiter zu gewährleisten.
(2) Oberflächen (Arbeitsflächen, Fußböden) sollen leicht zu reinigen und müssen dicht und beständig gegen die verwendeten Stoffe und Reinigungsmittel sein.
(3) Ein Waschbecken soll im Arbeitsbereich vorhanden sein.
(4) Die Grundregeln guter mikrobiologischer Technik sind einzuhalten (siehe Anhang: “Grundregeln guter mikrobiologischer Technik“). Punkt 9 der GMT gilt nur für gezielte Tätigkeiten.
(5) Biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 können nur dann ohne Vorbehandlung entsorgt werden, wenn die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung oder anderer Vorschriften (z. B. Wasser-, Abfall- oder Gentechnikrecht) dem nicht entgegenstehen.
(6) Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1 mit sensibilisierender oder toxischer Wirkung sind Maßnahmen zu treffen, die eine Exposition der Beschäftigten minimieren. Hier kann es sich z. B. um die Verwendung einer Sicherheitswerkbank, den Einsatz von geeignetem Atemschutz oder die Vermeidung sporenbildender Entwicklungsphasen bei Pilzen oder Actinomyceten handeln
Die „Grundregeln guter mikrobiologischer Technik“ (GMT) stellen sich gemäß TRBA 100 wie folgt dar:
(1) Fenster und Türen der Arbeitsbereiche sollen während der Tätigkeiten geschlossen sein.
(2) In den Arbeitsräumen darf nicht getrunken, gegessen oder geraucht werden. Nahrungsmittel dürfen im Arbeitsbereich nicht aufbewahrt werden.
(3) Laborkittel oder andere Schutzkleidung müssen im Arbeitsbereich getragen werden.
(4) Mundpipettieren ist untersagt, Pipettierhilfen sind zu benutzen.
(5) Spritzen und Kanülen sollen nur, wenn unbedingt nötig, benutzt werden.
(6) Bei allen Tätigkeiten muss darauf geachtet werden, dass Aerosolbildung soweit möglich vermieden wird.
(7) Nach Beendigung der Tätigkeit und vor Verlassen des Arbeitsbereiches müssen die Hände sorgfältig gewaschen, gegebenenfalls desinfiziert und rückgefettet (Hautschutzplan) werden.
(8) Arbeitsbereiche sollen aufgeräumt und sauber gehalten werden. Auf den Arbeitstischen sollen nur die tatsächlich benötigten Geräte und Materialien stehen. Vorräte sollen nur in dafür bereitgestellten Bereichen und Schränken gelagert werden.
(9) Die Identität der benutzten biologischen Arbeitsstoffe ist regelmäßig zu überprüfen, wenn das für die Beurteilung des Gefährdungspotentiales erforderlich ist. Die zeitlichen Abstände richten sich nach dem Gefährdungspotential.
(10) Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sind die Beschäftigten vor der Aufnahme der Tätigkeit und danach mindestens einmal jährlich mündlich und arbeitsplatzbezogen zu unterweisen.
(11) In der Mikrobiologie, Virologie, Zellbiologie oder Parasitologie unerfahrene Mitarbeiter müssen besonders umfassend unterrichtet, sorgfältig angeleitet und überwacht werden.
(12) Ungeziefer muss, wenn nötig, regelmäßig und fachkundig bekämpft werden.
Des Weiteren können folgende allgemeine Ratschläge bzgl. räumlicher Ausstattung gegeben werden:
klare Abtrennung zu anderen Arbeitsbereichen und deutliche Kennzeichnung des Bereichs
Türen mit Sichtfenster versehen und selbstschließend
Fußboden und Arbeitsflächen im Sterilbereich sollen fugenlos und leicht zu reinigen sein
Staubfänger vermeiden (Rohrleitungen, abgehängte Lampen, Schränke, die nicht deckenhoch enden, offene Regale
Wände und Decken ebenfalls glatt und abwaschbar gestalten
Bodenabflüsse, Klimaanlage und Belüftungsanlage nach Möglichkeit vermeiden
der Sterilraum sollte möglichst sparsam eingerichtet sein
die Personenzahl im Sterilbereich ist auf ein Minimum zu begrenzen
Nach Möglichkeit getrennte Räumlichkeiten oder eindeutig abgegrenzte Bereiche vorsehen für:
Probeneingang
Probenvorbereitung
Untersuchung der Proben einschließlich Inkubation
Lagerung der Referenzorganismen
Herstellung der Medien und der Geräte einschließlich ihrer Sterilisation
Überprüfung der Sterilität
Dekontamination
Um zufällige Kreuzkontamination zu verhindern, sollte die Laborausrüstung nicht routinemäßig zwischen den einzelnen Bereichen ausgetauscht werden.
Weitergehende Hinweise zur Laborausstattung können der Literatur entnommen werden.